Endlich ist es soweit: die Fussball-Europameisterschaft im eigenen Land startet heute Abend mit dem Spiel Deutschland gegen Schottland. Millionen Menschen in der Bundesrepublik fiebern mit und schließen im Kreise der Familie oder der Kollegen Wetten ab, wie die Spiele ausgehen und wer Europameister wird. Gleichzeitig verstärken aber auch professionelle Sportwettanbieter ihre Aktivitäten und Werbemaßnahmen mit dem Ziel, möglichst viele Fussballbegeisterte zum Wetten zu animieren.
„Professionelle Wettfirmen können nur am Markt existieren, weil zu den garantierten Gewinnern gehören. Das ist deren Geschäftsmodell. Gleichzeitig suggerieren sie den Teilnehmenden, dass man mit Kenntnis und Verstand und wenig Geldeinsatz zu guten Gewinnen kommen kann. Wir fordern deshalb ein Sportwettenwerbeverbot und eine nachhaltige und massenmedial vermittelte Aufklärungskampagne zu den Risiken von problematischem Glücksspiel und Glücksspielsucht mit dem Fokus Sportwetten“ sagte Christian Krieg, leitender Referent für Glücksspielsucht von der Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen (LAKOST) in Mecklenburg-Vorpommern.
Mit Betano wird es nach seinen Angaben erstmals bei einer UEFA EURO einen Sportwettenanbieter als Sponsor geben. Darauf aufbauend starten Sportwettenanbieter konsequent Werbekampagnen zur EURO 2024. Der Slogan von Interwetten „Du hast das Wissen. Wir haben die Wetten.“ setzt auf perfide Weise auf die „Kontrollillusion“. Diese wirkt bei Sportwetten besonders verführerisch, da Fußballfans glauben, sie könnten mit ihrem Wissen die Unberechenbarkeit des Glücksspiels ausschalten und in leichter und einfacher Weise Geld „verdienen“. Das aber sei eine Illusion – es gibt kein „Wissen“, das vor Verlusten bei Sportwetten schützt, und eben auch keinen „sicheren Gewinn“. Dazu ergänzte Krieg: „Die UEFA EURO 2024 macht durch den Sponsor Betano Sportwetten salonfähig und lässt zu, dass insbesondere die Zielgruppe junger, fußballbegeisterter Männer zum Glücksspiel gelockt wird. Mögliche Kollateralschäden – wie die erheblichen Suchtgefahren – werden hingegen ausgeblendet bzw. bagatellisiert.“ Während die Nationale Anti-Doping-Agentur zur UEFA EURO 2024 eine öffentlich geförderte Präventionskampagne startet, gibt es kein Angebot zur Prävention von Glücksspielsucht. Vor dem Hintergrund des Problemausmaßes mit etwa 1,3 Millionen glücksspielsüchtigen Personen in Deutschland, darunter ein beträchtlicher Anteil an Sportwettern, besteht dringender präventiver Handlungsbedarf. Die zur UEFA EURO 2024 anreisenden Fußball-Fans müssen nicht vor Doping, sondern vor Glücksspiel gewarnt werden. Ein entsprechender Appell des Bundesdrogenbeauftragten Burkhard Blienert blieb unberücksichtigt. Abschließend machte Christian Krieg deutlich: „Es ist Zeit für einen Wendepunkt: Nicht die kommerziellen Interessen einzelner Verbände oder von Glücksspielanbietern sollten handlungsleitend sein, sondern das Gemeinwohl. Eine Stärkung der Glücksspielsuchtprävention statt Werbung für potenzielle Suchtmittel muss die Leitschnur des Handelns werden. Wir benötigen unbedingt entsprechende Änderungen am geltenden Glücksspielstaatsvertrag und wünschen uns, das eine solche Initiative von unserer Landesregierung ausgeht."